Historie
Musizieren in Oberzell — Musikanten aus Oberzell — Gründung des Musikverein 1970 Oberzell e.V.
(Text von unseren Gründungsmitgliedern Wilhelm Heil und Helmut Lins)
Musizieren mit Musikinstrumenten ist eine sehr alte Tradition in unserem Dorf. Diese geht noch zeitweise zurück bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Musikanten der damaligen Zeit waren wegen ihrer geringen Anzahl noch keine funktionierende Kapelle. Sie taten sich bei Bedarf mit Musikanten aus den umliegenden Dörfern zusammen und bildeten somit kleine Tanzkapellen, die in unserem Dorf und anderen Ortschaften auf verschiedenen Dorffesten aufspielten. Die instrumentale Besetzung bestand sowohl aus Blas- wie auch aus Streichinstrumenten. Diese Art des Zusammenspiels dauerte bis zum Ende des zweiten Weltkrieges, wobei das Musizieren während der beiden Kriege weitgehends zum Erliegen kam.
Erst nach dem letzten Krieg, in den fünfziger Jahren, bildeten sich in Oberzell zwei kleine Tanzkapellen aus Vor- und Nachkriegsmusikanten, überwiegend aus unserem Dorf. Inzwischen war auch in unserer Kirchengemeinde aus überwiegend Jugendlichen von Pfarrer Wilke ein Posaunenchor gegründet worden, der allerdings leider nur einige Jahre bestand.
Aus den beiden Tanzkapellen und dem Posaunenchor ging dann der Musikverein hervor. Noch vor der Vereinsgründung kamen schon ca. drei Jahre lang die Musiker aus diesen Gruppen zu Musikproben zusammen. Ein erwähnenswerter Auftritt in dieser Zeit war die Mitwirkung beim 800jährigen Dorfjubiläum 1967. Zwei Bilder belegen die Beteiligung mit einem Bühnenauftritt im Festzelt und am Festzug.
Schließlich erfolgte mit großer Initiative des ersten Dirigenten Melchior Eichholz am 15. Februar 1970 die Gründung des heutigen Musikvereins. Die Vereinsgründung wurde von Melchior Eichholz mit Schreiben vom 31. März 1970 dem Bürgermeister der damals noch selbständigen Gemeinde Oberzell, Konrad Dorn, mitgeteilt. Dieses Schreiben, das als Gründungsurkunde bezeichnet werden kann, trägt die Namen von 15 aktiven Vereinsgründer (mit Unterschrift) und vier passiven Gründungsmitgliedern. Von den ehemals aktiven Gründern leben zur Zeit noch drei Personen. Diese sind Walter Eichholz, Wilhelm Heil und Helmut Lins.
Der Musikverein startete dann als reine Blaskapelle mit zwölf Musikern. Am Anfang war das Vereinslokal das Gasthaus „Zum kühnen Flieger“. Der Vereinswirt Willi Müller war einer der vier passiven Gründungsmitglieder und ist von diesen der noch einzig Lebende. In diesem Lokal fanden die wöchentlichen Proben am Sonntagvormittag statt. Doch noch in den siebziger Jahren zog der Verein aus Platzgründen in ein anderes Lokal um: in die Gastwirtschaft Reif („Kremesch“) mit einem größeren Proberaum, in dem bis heute jeden Montagabend geprobt wird. Die Kapelle war größer geworden. Es waren einige aktive Bläser aus Weichersbach (Johannes Ape, Heinrich Karg), Sterbfritz (Dr. Walter Sippel) und Volkers (Willi Martin) dazugekommen. Im Jahre 1973 wurde der Musikverein Mitglied des Hessischen Musikverbandes (HMV).
Um den Klangkörper stetig zu erweitern und den Fortbestand des Vereins zu gewährleisten wurde im Musikverein von Anfang an großen Wert auf die instrumentale Ausbildung von Jugendlichen gelegt. Noch vor der Vereinsgründung wurde die junge Nachkriegsgeneration von den örtlichen Älteren und von Berufsmusikern der Kurkapelle vom Staatsbad Bad Brückenau in den fünfziger- und sechziger Jahren ausgebildet. Nach dem Gründungsjahr 1970 lag die Ausbildung überwiegend in den Händen von Adam Fehl (ehemaliger Militärmusiker im 2. Weltkrieg), Hugo Hessler (Berufsmusiker der Kurkapelle), Jakob Euba (Stabführer eines Fanfarenzuges), Lilo Dorn (letzte Leiterin des Posaunenchores) und Jochen Lins.
Das Vereinswesen regelt die noch geltende im Jahr 1980 beschlossene Vereinssatzung. Nach Antrag mit Vorlage dieser Satzung erfolgte 1982 die Eintragung des Vereins in das amtliche Vereinsregister beim vormaligen Amtsgericht in Schlüchtern. Der Musikverein 1970 Oberzell erhielt damit die Zusatzbezeichnung „e. V.“ Im Jahre 1974 wurde erstmals eine Vereinskleidung (blaue Jacke, Krawatte, hellgraue Hose) angeschafft. Später wurde diese gegen die heutige Trachten ähnliche Kleidung (hellgraue Trachten-jacke, grüne Weste, Schleife, schwarze Hose und Dirndl) ausgewechselt.
Etwa seit 1987 bis 2010 wurde die Jugendausbildung vom Dirigent des Musikvereins Heinrich Röll durchgeführt. Er hat bei weitem die meisten Jugendlichen ausgebildet, etwa 35 an der Zahl. Der Verein hat Heinrich Röll sehr viel zu verdanken. Nach 2010 bis jetzt erfolgt die Ausbildung durch den jetzigen musikalischen Leiter Manfred Schneider und den Berufsmusiker Klaus Bühre aus Würzburg. Zur Zeit werden 9 Musikschüler ausgebildet. Die Zahl der Vereinsmitglieder entwickelte sich seit Bestehen des Vereins in 46 Jahren von anfänglich 15 Aktiven und 4 Passiven auf heute 24 Musiker und 21 Musikerinnen sowie 92 Passive.
Der Musikverein als dörflicher Kulturträger tritt gemäß seiner Vereinssatzung uneigennützig bei vielen dörflichen und kirchlichen Anlässen auf. Der Verein finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und aus Gewinnen aus eigenen Veranstaltungen. Es wurden im Jahre 1980 das zehnjährige, 1990 das 20jährige, 1995 das fünfundzwanzigjährige und 2000 das dreißigjährige Vereinsjubiläum gefeiert.
Im Laufe der Jahre entstanden Verbindungen zu vielen Musikvereinen in der näheren Umgebung und auch überregional. Der Musikverein wirkte mit bei Festen und Veranstaltungen bei allen Musikvereinen in Sinntal, bei etlichen Vereinen im Main-Kinzig-Kreis bis in den Raum Gelnhausen, im Kreis Fulda, in Südthüringen nach der Wende und seit einigen Jahren in Unterfranken. Überregional kamen Verbindungen zustande mit dem Musikverein von Hasel (Südschwarzwald), von Westerland (Insel Sylt), von Volkers (bei Bremerhaven) und vor zwei Jahren von Oberzell (bei Ravensburg). Höhepunkte waren 1979 ein Auftritt in der Konzertmuschel in Westerland auf Sylt und 2014 ein Konzert in Oberzell (Ravensburg).
Der Musikverein veranstaltet seit mehreren Jahren Konzerte in unserem Bürgerhaus und wirkt mit bei einem jährlichen Weihnachtskonzert in der Kirche.
Schon als traditionell zu bezeichnen sind die Konzerte im Staatsbad Bad Brückenau in der Wandelhalle. Die Musikliteratur des Musikvereins bestand in den Anfangsjahren aus einfacheren Blasmusikstücken und Chorälen für feierliche Anlässe.
Im Laufe der Jahre erarbeitete der Verein bis heute ein umfangreiches Repertoire von gehobener und anspruchsvoller Unterhaltungsmusik.
Zusatz im Auftrag des jetzigen Vorstandes:
Zur Zeit blicken wir voller Stolz auf unsere sehr ausgewogene Orchesterbesetzung mit etwa 45 Aktiven, was unter anderem auf eine kontinuierliche Ausbildung von Musikschülern zurückzuführen ist. Es ist uns aber auch ein Anliegen und Verpflichtung zugleich, die Arbeit und das Engagement der früheren Dirigenten, Vorstände und Aktiven zu respektieren und für die Leistungen und den ehrenamtlich erbrachten Einsatz dankbar zu sein.
Vereinsvorstände: Dirigenten:
1970 Walter Ochs 1970-1986 Melchior Eichholz
1971-1972 Heinrich Lins 1987 Heinrich Röll
1973-1986 Wilhelm Heil und Jochen Lins
1987-1992 Carmen Richter 1988-2010 Heinrich Röll
1993-1997 Konrad Lins 2011- 2018 Manfred Schneider
1998-2001 Bernd Glock ab 2018 Dennis Ankert
2002-2010 Carsten Jost
ab 6/2010 Alfred Roth (kommissarisch)
seit 2011 Bernd Glock
Verbandsmitglied: Nordbayerischer Musikverband